Einblick in eine andere Welt

Baseball: Kian Moshiransari von den Herrenberg Wanderers hat zwei Monate in einer Akademie in der Dominikanischen Republik verbracht. Der 15-Jährige will es in seiner Sportart weit bringen.

Nicht selten befinden sich Teenager bei der Frage nach ihrer sportlichen Ausrichtung in einem Entscheidungskonflikt. Soll ich es nicht doch einmal mit einer anderen Sportart versuchen? Oder soll ich den Vereinssport ganz bleiben lassen und mich anderen Freizeitbeschäftigungen widmen? Von derartig zwiespältigen Gefühlen ist Kian Moshiransari weit entfernt. „Ich möchte es im Baseball so weit wie möglich bringen“, sagt der 15-jährige Spieler der Herrenberg Wanderers. Weshalb er unlängst die Schulbank mit dem Baseballfeld tauschte und wertvolle Erfahrungen in der Dominikanischen Republik sammelte.

Dominikanische Republik und Baseball? Bei bevorzugten Sportarten in Lateinamerika denkt man doch eigentlich vordergründig an Fußball. „Baseball ist dort Nationalsport“, sagt Kian Moshiransari, „viele junge Einheimische haben nicht das Geld, um in die Schule zu gehen, spielen den ganzen Tag Baseball. Und leben den großen Traum, entdeckt zu werden und den Sprung in die amerikanische Profiliga zu schaffen.“ Der junge Nufringer weiß, wovon er spricht. Zwei Monate lang gewann er einen Einblick in die Baseball-Welt im Karibikstaat.

Aber der Reihe nach. „Angefangen hat alles vor acht oder neun Jahren“, erinnert sich Kian Moshiransari vage, „in der Nufringer Grundschule wurde im Sommerferienprogramm Baseball angeboten.“ Und irgendwie ließ ihn der Sport seitdem nicht mehr los. „Ich fand es von Anfang an cool, dass die Sportart so speziell ist. Und Fußball macht ja irgendwie jeder“, sagt der durchtrainierte junge Mann, der mittlerweile Neuntklässler am Herrenberger Schickhardt-Gymnasium ist. Der nächste logische Schritt war damals der Weg in den Verein.

Seit diesem Jahr spielt Kian Moshiransari, Sohn eines Iraners und einer Deutschen, in der neu gegründeten Juniorenmannschaft der Wanderers. In der U-18-Juniorenliga des Baden-Württembergischen Baseball- und Softballverbandes (BWBSV) haben die Herrenberger einige starke Gegner vor der Brust. „Wir sind noch jung und unerfahren, die meisten von uns gehören noch der Altersklasse U15 an“, sagt Kian Moshiransari, „aber wir werden uns von Jahr zu Jahr steigern.“ Seine Qualitäten als Werfer, also Pitcher, sind dabei genauso gefragt wie im Outfield, wo es gilt, die langen Flugbälle abzufangen und den Ball wieder in den Innenbereich zurückzuwerfen. Jetzt, wo die Saison begonnen hat, ist der junge Nufringer im Verein ein gefragter Akteur. „Ich spiele in der ersten Herren-Mannschaft und wenn es keine zeitlichen Überschneidungen gibt, helfe ich auch mal in der Zweiten aus“, sagt er nicht ohne Stolz, „eigentlich bin ich an fast jedem Wochenende auf dem Feld.“ Hinzu kommt, dass der 15-Jährige unlängst bei einem Sichtungstraining des Verbands für den an Pfingsten stattfindenden Länderpokal nominiert wurde. „Da hab ich mich riesig darüber gefreut, hatte meine Chancen so bei fifty-fifty gesehen“, sagt er.

Im Rahmen eines Camps der Deutschen Baseball-Akademie animierte ihn der dortige Leiter Georg Bull zu einer Stippvisite in die Dominikanische Republik. Dort, in der Stadt Cabarete an der Nordküste des Landes, ist Bull Mitinhaber, Manager und Trainer der RuizBull Akademie. Und lädt zur Off-Season, also zwischen den offiziellen Spielzeiten, immer wieder Talente aus aller Welt in sein Domizil ein. „Eigentlich waren dort drei Monate Aufenthalt geplant, aber wir hatten im März so viele Klausuren“, erzählt Kian Moshiransari, der dennoch Eltern und Schulleitung dankbar ist, dass es ihm überhaupt ermöglicht wurde, die große Baseball-Welt zu beschnuppern.

„Was wir dort trainiert haben, kann man nicht mit dem Vereinstraining hier in Deutschland vergleichen“, sagt der junge Sportler, „in der Akademie wurde viel intensiver und härter trainiert.“ Bis zu acht Stunden am Tag stand die Baseballausbildung im Fokus. „Nur sonntags hatten wir frei, diese Tage nutzten wir zur Regeneration“, erzählt Moshiransari, der zudem über das Internet von seinen Klassenkameraden in der Heimat mit dem Lernstoff versorgt wurde. Morgens um halb acht stand – vor dem Frühstück – der Strand-Work-out auf dem Programm, danach ging es zum Pitching. Bis ins kleinste Detail wurde die Wurftechnik verfeinert. „Dank unseres Trainers Pena, der auch Physiotherapeut ist, hatte ich nie Armschmerzen beim Werfen, er machte gute Massagen.“ Trainer Carlito als „Hitting Coach“ kümmerte sich nachmittags um die Schlageinheiten, zum Abschluss ging es noch ins Krafttraining. „Das ging hin bis zum Muskelversagen“, sagt Kian Moshiransari und lächelt verschmitzt, „und dann noch mal zehn Sekunden weiter.“ Letztendlich vergingen die zwei Monate wie im Flug, nach Hause ging es mit vielen neuen Erkenntnissen und geschlossenen Freundschaften. „Und Kian ist ein bisschen erwachsener zurückgekommen“, ergänzt Mutter Julia Moshiransari.

Den eingeschlagenen Weg zu einem guten Baseballer will Kian Moshiransari weiter konsequent fortsetzen. „Ich will das Beste aus mir rausholen.“ Ob es später mal zu einer Profikarriere reicht, vermag er zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu beurteilen. „Vielleicht reicht es mal irgendwo zu einem kleineren Vertrag.“ Oder, was der nächsthöhere Level wäre: „Ein College-Jahr in den USA, das wär’s.“ Das sei aber alles noch Zukunftsmusik. Erst einmal gilt der Fokus aber der Schule und dem Verein. „Hier bei den Wanderers fühle ich mich richtig wohl“, sagt er.